2024 – Ein turbulentes Jahr für das Paderborner Modellprojekt Smart City
Die Stadt Paderborn hat sich im Rahmen des Modellprojekts Smart City (MPSC) auf den Weg gemacht, eine technologische Basis für zahlreiche digitale Anwendungen im Kontext einer Smart City zu schaffen.
Die Stadt Paderborn hat sich im Rahmen des Modellprojekts Smart City (MPSC) auf den Weg gemacht, eine technologische Basis für zahlreiche digitale Anwendungen im Kontext einer Smart City zu schaffen. Dazu gehört unter anderem eine Urbane Datenplattform, die städtische Daten zentral zusammenführt, speichert und für Anwendungen bereitstellt. Neben der Urbanen Datenplattform (UDP) wird eine separate Plattform für Energiedaten vom Projektpartner Westfalen Weser Netz GmbH aufgebaut. Darüber hinaus werden ein City Information Model (CIM) und ein Digitaler Zwilling als Infrastruktur entwickelt, wobei der fachliche Fokus auf der Stadtentwicklung liegt. Hierdurch soll die Stadt Paderborn langfristig in die Lage versetzt werden, innovative und maßgeschneiderte Lösungen zur Unterstützung kommunaler Aufgaben zu generieren.
Das Projekt gliedert sich in verschiedene Teilbereiche, die unterschiedliche Aspekte der Infrastruktur betrachten und aufeinander aufbauen bzw. sich gegenseitig ergänzen. Die Hauptaufgabe beim Aufbau einer Urbanen Datenplattform (UDP) ist die zentrale Bereitstellung aller relevanten städtischen und externen Daten. Das Modellprojekt ist Teil der CIVITAS/CORE-Community, einer Entwicklungsgemeinschaft, die aus einer stetig wachsenden Anzahl an Kommunen und kommunalen Unternehmen besteht. Gemeinsames Ziel der Kooperationspartner ist die Entwicklung, Pflege und Wartung einer betreiberunabhängigen Kernsoftware für urbane Datenplattformen namens CIVITAS/CORE. Diese wird unter Open-Source-Lizenz veröffentlicht, wodurch eine uneingeschränkte, kostenfreie Nachnutzung in weiteren Kommunen und eine flexible Anpassung an individuelle Bedürfnisse ermöglicht wird.
Bei der Entwicklung des City Information Models (CIM) und des digitalen Zwillings liegt der Fokus auf der Stadtentwicklung. Das CIM ist eine zentrale Komponente von Smart Cities und stellt die digitale Repräsentation der städtischen Umgebung dar, einschließlich Gebäuden, Straßen und anderen Flächen. Im Gegensatz zu einem typischen 3D-Modell, bei dem es in erster Linie um die Visualisierung der Stadt geht, können im CIM zusätzlich Daten zu den Objekten abgefragt werden, wie z.B. die Nutzung von Gebäuden oder Informationen zu einzelnen Straßen.
Das Projekt wird seit dem Start im Jahr 2021 vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen gefördert. Vor dem Hintergrund der Haushaltslage der Stadt Paderborn erfolgt bei allen im Projekt getätigten Ausgaben eine zusätzliche Kosten-/Nutzen-Abwägung. Der Fokus liegt auf einer nachhaltigen Verwendung der bewilligten Förder- und Eigenmittel. Aber was ist nun neben der Bearbeitung der genannten Themen im zurückliegenden Jahr im Projekt passiert? Da es sich um ein Modellprojekt handelt, ist dem Fördergeber und dem Projektteam ein stetiger Austausch mit anderen (geförderten) Kommunen besonders wichtig, wie der Rückblick auf das vergangene Jahr zeigt:
Januar: Vertreter*innen des Paderborner Modellprojekts Smart City arbeiten in einem Konsortium aus 18 Organisationen an zwei DIN SPECs zur Standardisierung der Interoperabilität von offenen urbanen Plattformen (DIN SPEC 91377)und dem Einsatz digitaler Zwillinge in Kommunen (DIN SPEC 91607). DIN SPECs dienen dazu, Standards in noch wenig bekannten Themen zu setzen und bieten dadurch interessierten Kommunen eine Orientierung.
März: Durch den plötzlichen und tragischen Tod des bisherigen Projektleiters, Ralf Kluthe, der auch als Experte für die technische Ausgestaltung der Infrastruktur fungierte, muss das Projektteam Struktur und Ziele an die ohnehin schwierigen personellen Gegebenheiten anpassen. Hinzu kommt die weiterhin angespannte Haushaltslage. Dies führt zu einer starken Konzentration der Ressourcen auf essentielle Aspekte und die Verkleinerung der Projektdimensionen. Die Projektleitung übernimmt Tanja Schürholz: Sie ist bereits seit Projektbeginn als Projektmanagerin an Bord und kennt sich durch ihre langjährige Zugehörigkeit zur Stadtverwaltung bestens mit den internen Prozessen und Anforderungen der Stadt Paderborn aus. Sie ist ausgewiesene Expertin für New Public Management.
April: Die erste einfache Version des interkommunal entwickelten CIVITAS/CORE wird veröffentlicht. Sie fungiert als Übergangslösung bis zur Einsatzfähigkeit der umfangreichen Version 2.0.
Mai: Die Ausschreibung der Beratungsleistung zur Unterstützung bei der strategischen Entwicklung eines City Information Model (CIM) und der Erstellung eines Leistungsverzeichnisses für das folgende Ausschreibungsverfahren wird auf den Weg gebracht. Den Zuschlag erhält Virtual City Systems aus Berlin. Die Berater verfügen über fast 20 Jahre Erfahrung in diesem Bereich und unterstützen bereits mehrere Städte bei der Erstellung Digitaler Zwillinge. Durch das CIM wird beispielsweise der Planungsprozess des Zukunftsquartiers digital unterstützt und die Planer*innen erhalten weitreichende Möglichkeiten zur Entwicklung von Planungsalternativen.
Die CIVITAS/CORE-Community trifft sich in Münster; außerdem finden das ganze Jahr über regelmäßig Online-Treffen in verschiedenen Arbeitsgruppen, unter anderem zu strategischen Entscheidungen und zur Erarbeitung der Plattformarchitektur, aber auch zur Vorbereitung einer echten Innovation im Kontext interkommunaler Zusammenarbeit statt, nämlich der gemeinsamen Ausschreibung der Version 2.0 der Datenplattform.
August: Es findet ein weiteres Treffen der CIVITAS/CORE-Community in Wuppertal statt. Im Mittelpunkt stehen die digitale Transformation der kommunalen Daseinsvorsorge und die Frage, wie eine strategische Kooperation von Kommunen und kommunalen Versorgern auf diesem komplexen Gebiet gelingen kann. Parallel dazu wird gemeinsam ein Kooperationsvertrag aufgesetzt, der die Zusammenarbeit formal besiegelt.
Oktober: Die angesprochene DIN SPEC zu Digitalen Zwillingen für Kommunen wird veröffentlicht. Außerdem ist die alljährlich vom Branchenverband BITKOM organisierte Smart Country Convention ist ein weiterer wichtiger Termin zum Netzwerken und Wissensaustausch im Oktober. Zudem präsentieren Dienstleister, Länder und Kommunen in Berlin ihre digitalen Lösungen der Smart City von morgen. Sie werden ergänzt durch spannende Keynotes und Workshops.
Die Koordinierungs- und Transferstelle Modellprojekte Smart Cities (KTS) hat den Auftrag die MPSC-Kommunen in der Projektumsetzung zu begleiten und zu beraten, für den Wissenstransfer zwischen den Kommunen zu sorgen und die Begleitforschung zu koordinieren. Zweimal im Jahr besuchen uns die KTS, um sich vor Ort über den aktuellen Stand zu informieren – so auch im Oktober. Der zuständige Referent der KTS bestätigt die positive Entwicklung, die das Paderborner Modellprojekt genommen hat.
November: Die Projektleiterin Tanja Schürholz stellt Studierenden des Studieninstituts Westfalen Lippe das Modellprojekt vor, um schon kommunale Nachwuchskräfte über die Möglichkeiten und Herausforderungen einer Smart City zu informieren.
Das Beratungsteam von Virtual City Systems führt einen Workshop mit Teilnehmer*innen des Stadtplanungsamtes durch, um den Digitalen Zwilling so zu gestalten, dass die Beschäftigten bestmöglich bei der täglichen Arbeit unterstützt werden. Dazu wird den Kolleg*innen zunächst anhand eines Prototyps gezeigt, welche Funktionalitäten nach dem Stand der Technik möglich sind. Anschließend werden im Format eines World-Cafés mit den Teilnehmer*innen ihre Anforderungen an die Softwaretools ermittelt – von zwingend notwendigen über wünschenswerte bis hin zu erst langfristig umsetzbaren Funktionen der Kategorie „Zukunftsmusik“.
Eine Schulung für das sogenannte Masterportal erweitert nicht nur die Kenntnisse der Projektmitglieder, sondern qualifiziert auch das Bestandspersonal für die Nutzung der im MPSC entwickelten Innovationen. Das Masterportal ist eine von einer Gemeinschaft aus öffentlichen Organisationen entwickelte Open-Source-Visualisierungssoftware für Geodaten.
5. MPSC Kongress in Köln: Da die geförderten Städte nicht alle gleichzeitig einen Förderbescheid erhalten haben und die Projektumsetzung daher unterschiedlich weit fortgeschritten ist, sind diese Treffen immer besonders wertvoll, um eigene Erfahrungen und Best Practices weiterzugeben und von den bereits erfolgten Arbeiten der anderen Kommunen zu lernen. Der Kongress dient daher dazu, übertragbare Lösungen kennenzulernen, sich gezielt untereinander zu vernetzen und gemeinsam Lösungen (weiter-)zuentwickeln.
Die DIN SPEC zu Datenmodellen und Protokollen in offenen urbanen Plattformen wird final unter den Konsortialpartnern abgestimmt und Anfang 2025 veröffentlicht.
Dezember: Die Ausschreibung für eine 3D-Befliegung des Stadtgebietes und eine 3D-Modellierung Paderborns wird geplant. Dies ermöglicht digitale Ortsbegehungen und schafft die Grundlage, um gemeinsam mit verschiedenen Akteur*innen an Planungen zu arbeiten. Man erhält dadurch ein weitaus realistischeres Bild der Lage vor Ort als dies bei zweidimensionalen Fotos der Fall wäre.
Ausblick 2025: Im nächsten Jahr wird die technische Umsetzung des City Information Models ausgeschrieben und anschließend mit dem beauftragten Unternehmen in die bestehende Infrastruktur integriert.
Westfalen Weser Netz arbeitet an einem auch für Bürger*innen interessanten Energiemonitor, der Energieflüsse innerhalb unserer Kommune visualisieren kann. Er stellt transparent dar, wie viel Energie beispielsweise durch Windräder und PV-Anlagen zur Verfügung gestellt und durch Haushalte und Industrie verbraucht wird. Außerdem werden die Anwendungsfälle Stadtklima, Bevölkerungsanalyse und Verkehrslage visualisiert.
Weitere Informationen zum Modellprojekt Smart City sind unter folgenden Links verfügbar: Modellprojekt Smart City | Stadt Digitale Heimat (Öffnet in einem neuen Tab)